10 Jahre "Alkohol. Leben können."
Individualität und Integration zeichnen das Versorgungsprogramm „Alkohol. Leben können.“ aus. 2014 wurde es als Pilotprojekt für Menschen mit problematischem Alkoholkonsum ins Leben gerufen und 2019 in den Regelbetrieb übernommen. Mehr als 13.600 Personen im Alter zwischen 18 und 88 Jahren wurden in den vergangenen zehn Jahren im Rahmen des Projektes beraten, betreut und behandelt. Bei einem Symposium im Wiener Rathaus blickten Wegbegleiter*innen, Kooperationspartner*innen und Mitwirkende auf das bisher Erreichte zurück.
Der Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner, hob hervor, dass sich für „Alkohol. Leben können.“ erstmals die Kostenträger ÖGK, PVA und die Stadt Wien zusammengetan haben.
Das war bahnbrechend und das ist es jetzt immer noch. Bewilligung und Koordination der Betreuungspläne passieren im Hintergrund. Das ist entscheidend, wenn man an einer Erkrankung leidet, die ohnehin schon stigmatisiert ist. Außerdem haben sich die betreuenden Einrichtungen auf gemeinsame Qualitätsstandards geeinigt und trotzdem ihre unterschiedlichen Behandlungskonzepte behalten. Daher haben Patient*innen die Möglichkeit, zu wählen.
Das Institut für Höhere Studien (IHS) hat das Programm in den letzten Jahren wissenschaftlich begleitet und regelmäßige Evaluationen durchgeführt. „Bei rund 40 Prozent der Patient*innen kommt es zu einer Verbesserung des somatischen Gesundheitszustandes, bei 53 Prozent im Konsumverhalten. Außerdem werden Patient*innen eher wieder erwerbstätig oder erwerbsfähig und stehen damit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die konventionelle Alkoholprogramme durchlaufen hat, zeigt sich, dass Patient*innen von ‚Alkohol. Leben können‘, durchschnittlich drei Jahren später ihren Pensionsantritt haben“, fasste Siegfried Eisenberg aus der IHS-Forschungsgruppe Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik die Ergebnisse der aktuellen Evaluierung zusammen.
,Alkohol. Leben können.‘ erreicht Menschen früh genug, um höhere Kosten für das allgemeine Gesundheitssystem zu vermeiden.
Der Erfolg des Projekts zeigte sich auch in den Berichten zweier Erfahrungsexperten. Den pensionierten Bus- und Lastwagenfahrer Herr O. überzeugten die ambulanten Angebote: „Etwas anderes habe ich mir gar nicht vorstellen können. Ich habe ja viel zu tun.“ Darüber hinaus habe ihm besonders die Gruppentherapie geholfen. Deren Bedeutung unterstreicht auch Herr S. „Das Teilen miteinander, das offen und ehrlich sein – das war für mich der erste Schritt und wichtig für alle weiteren“, erinnerte sich der 42-jährige Angestellte. Außerdem habe er durch die Betreuung Werkzeuge gelernt, um Stress und Frust nicht mehr mit Alkohol kompensieren zu müssen. „Ohne Alkohol kann ich wieder Herzmensch sein.“
Neben den Vorteilen der integrierten Versorgung sprachen Fachexpert*innen über künftige Herausforderungen, wie die intensiviere Betreuung durch die gestiegene psychische Belastung, frühere Intervention oder kurze „windows of opportunity“.
Einen Eindruck der Veranstaltung bietet die Fotogalerie (Copyright: Whirlfoto):
Weitere Information zu Alkohol. Leben Können. finden sich hier.