Ausbau der dezentralen, niederschwelligen Sucht- und Drogenarbeit in Wien
Die Stadt Wien investiert seit Jahren gezielt in den Ausbau eines flächendeckenden, zielgruppenorientierten und niederschwelligen Suchthilfenetzes. Neue Projekte, dezentrale Angebote und mobile Teams sorgen für bessere Erreichbarkeit, frühzeitige Erkennung von Gesundheitsrisiken und eine stabile Versorgung suchtkranker Menschen – über alle Bezirke hinweg und unabhängig davon, welches Suchtmittel im jeweiligen Fokus der Erkrankung steht. Im Rahmen zahlreicher Projekte wird dabei nicht nur auf Aspekte von Behandlung, Prävention und Schadensminimierung Wert gelegt, sondern auch auf die Förderung sozialer Teilhabe und die Stärkung der Selbstregulation von Erkrankten.
Der Tausch von gebrauchten gegen sterile Spritzen ist eine der wirksamsten Maßnahmen der Schadensminimierung – sowohl zur Eindämmung infektiöser Erkrankungen als auch zur Reduktion von Spritzenfunden im öffentlichen Raum.
Im Rahmen des jüngsten Ausbaus dezentraler Angebote wird der Spritzentausch mittlerweile nicht nur über bereits seit längerem etablierte Suchthilfeeinrichtungen, sondern auch über Apotheken und Einrichtungen der Wiener Wohnungslosenhilfe angeboten. Damit wird die Reichweite erhöht und die Inanspruchnahme durch die Zielgruppe verbessert.
Die Suchthilfe Wien stellt dafür die notwendige Infrastruktur zur Verfügung: Tauschbehälter, steriles Material, sowie Schulungen für die beteiligten Stellen. Auch die Entsorgung des benutzten Materials wird übernommen.
Derzeit sind 41 Einrichtungen in ganz Wien in das dezentrale Spritzentauschprogramm eingebunden.
Die Versorgung von Menschen, die eine Opioid-Substitutionstherapie benötigen, ist in Wien aktuell durch ambulante Einrichtungen des Sucht- und Drogenhilfenetzwerks sowie durch niedergelassene Ärzt*innen gewährleistet.
Um diese flächendeckende Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen, setzt die Stadt Wien gezielt auf den Erhalt und den weiteren Ausbau der Substitutionsangebote. Dabei werden Anreize für Primärversorgungseinheiten und für Ärzt*innen im niedergelassenen Bereich zusätzliche geschaffen, um sie für die Betreuung von Substitutionspatien*tinnen zu gewinnen und zu unterstützen.
Wien unterstützt die von der WHO 2016 verabschiedete Strategie zur Eliminierung der viralen Hepatitis. Konkret wird angestrebt, die Zahl der Neuinfektionen mit Hepatitis C um 90 % zu reduzieren und die Sterblichkeit im Zusammenhang mit Hepatitis C um 65 % zu senken.
Obwohl bislang kein Impfstoff gegen das Hepatitis-C-Virus verfügbar ist, ermöglichen moderne antivirale Medikamente eine Heilung bei mehr als 90 % der behandelten Personen.
Um möglichst viele betroffene Menschen zu erreichen, wurde gemeinsam mit dem Gesundheitsdienst der Stadt Wien (MA 15) ein mobiles Testangebot entwickelt, im Rahmen dessen Patient*innen in Substitutionstherapie über zwei Monate hinweg direkt bei der Rezeptfreigabe in einem der Bezirksgesundheitsämter die Möglichkeit haben, ihren HCV-Antikörper-Status testen zu lassen.
Dabei klärt ein multiprofessionelles Team vor Ort auf, informiert über Risiken und Behandlungsoptionen und ermöglicht so eine möglichst frühe Diagnosestellung und Therapie.
Mit dem Projekt „Suchthilfe vor Ort“ bringen die Sucht- und Drogenkoordination Wien, der Fonds Soziales Wien und die Suchthilfe Wien psychosoziale Angebote direkt dorthin, wo Menschen mit problematischem Substanzkonsum betreut werden: in die Einrichtungen der Wiener Wohnungslosen- und Flüchtlingshilfe.
Vor Ort stehen Mitarbeiter*innen der Suchthilfe Wien und der SDW zur Verfügung, um Klient*innen zu stabilisieren, über Schadensminimierung aufzuklären und weitere Versorgungsoptionen in Wien zugänglich zu machen.
Zudem unterstützt der Liaisondienst Konnex die Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen direkt durch Fachberatungen und Fallbesprechungen, wodurch spezifisches Wissen auch weitervermittelt wird.
Für ein gutes Mit- und Nebeneinander im öffentlichen Raum wurden bestehende Angebote zur Präsenz von Ansprechpartner*innen gestärkt und neue geschaffen. Ziel ist es, das subjektive Sicherheitsgefühl und das Wohlbefinden aller Nutzer*innen zu erhöhen und Ängste abzubauen.
Die Mobile Soziale Arbeit der Suchthilfe Wien ist hierbei ein zentrales Instrument. Sie arbeitet mit gezielten Zugängen und Methoden, um das sozial verträgliche Miteinander im öffentlichen Raum zu fördern.
In den letzten Jahren wurde die Mobile Soziale Arbeit deutlich ausgebaut und regionalisiert: Die Teams umfassen nun rund 80 Sozialarbeiter*innen und sind flächendeckend in allen Wiener Bezirken im Einsatz.
Besonders relevant ist dabei die enge Anbindung an die acht sozialpsychiatrischen Ambulatorien der Psychosozialen Dienste in Wien (PSD-Wien) – sie ermöglicht eine integrierte Versorgung auch für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Parallel dazu wird die Definition der Zielgruppe der mobilen sozialen Arbeit um Personen mit psychischer Erkrankung erweitert.
Für alkoholkranke Menschen, die sich oft im öffentlichen Raum aufhalten, wurde mit dem 2024 eröffneten Tageszentrum „Wir z’Haus“ in Favoriten ein neues Angebot geschaffen.
Das Soziallokal bietet einen akzeptierenden Raum mit Speisen und Getränken, in dem auch der Konsum von Alkohol erlaubt ist. Das Lokal bietet die Möglichkeit zur sozialen Teilhabe und bietet Speisen und Getränke, wobei auch der Konsum von Alkohol erlaubt ist. Neben dem Gastronomieangebot haben Klient*innen die Möglichkeit psychosoziale Angebote im Einzel- und Gruppensetting wahrzunehmen, mitzuarbeiten und mitzugestalten.
Anfang 2025 eröffnete am Yppenplatz (16. Bezirk) die Grätzlerei: ein innovativer Begegnungsraum zur Förderung des nachbarschaftlichen Dialogs, zur Entschärfung und Prävention von Nutzungskonflikten und zur Verbesserung von Informationsflüssen. Niederschwellige Sprechstunden, Beteiligungsformate und offene Strukturen fördern den sozialen Zusammenhalt im Stadtteil. Die Grätzlerei ist dabei auch Anlaufstelle für alle Arten von Fragen und Anliegen rund um das Zusammenleben im Stadtteil.
Laufender Ausbau und stetige Verbesserung
Allen genannten Projekten, die jüngst gestartet bzw. stark ausgebaut wurden, ist gemeinsam, dass durch sie systematisch und nachhaltig die Sucht- und Drogenarbeit in unserer Stadt gestärkt wurde und wird. Dies geschieht entlang klar definierter Strategien und Grundsätzen der Dezentralität, Wohnortnähe und Zielgruppenorientierung
Entlang dieser Grundsätze werden wir auch in den kommenden Jahren den Weg zu noch stärkerer Versorgungsstabilität, Versorgungsqualität, sozialer Teilhabe und Gesundheit der Wiener Bevölkerung weiter ebnen – egal ob im öffentlichen Raum, in medizinischen oder in sozialen Einrichtungen und gleichermaßen für alle Formen der Suchterkrankung.